Noch vor wenigen Jahren tauchte Thomas Morgenstern unter ohrenbetäubendem Jubel am Berg Isel ins rot-weiß-rote Fahnenmeer ein. Mittlerweile ist der Kärntner im Alltag angekommen. Am Boden hat es ihn aber trotzdem nicht gehalten. Heute zaubert er seinen Gästen und Fans bei Helikopterrundflügen ein Lächeln ins Gesicht.
Was verbindet dich als Skispringer mit der Fliegerei?
Die Luft ist beim Skispringen unser Element. Man fliegt leider nur sehr kurz, aber das Gefühl ist einmalig. In dieser Zeit wurde wahrscheinlich der Grundstein für meine Fliegerleidenschaft gelegt. Zudem hatte ich damals schon die Chance, mit den Flying Bulls mitzufliegen und Chef-Helikopterpilot Blacky Schwarz im Einsatz zu sehen. Das war auch eine prägende Erfahrung.
Wie bereitest du dich heute auf einen Heli-Flug im Vergleich zu einem Skisprung vor?
Das sind zwei ganz verschiedene Dinge. Für beide braucht es zwar eine detaillierte Vorbereitung, aber beim Springen geht man ans Limit; beim Fliegen ist es eigentlich die oberste Priorität, das Limit zu vermeiden.
Ist das Red Bull Air Race oder gar die Akrobatik für dich ein Thema?
Das Red Bull Air Race ist kein Thema. Die Piloten fliegen ganz anders als ich, und dafür fehlt mir auch die Erfahrung auf der Fläche. Aerobatik hingegen würde mich schon mal reizen, aber das braucht noch Zeit. Zum einen ist auch hier sehr viel Erfahrung notwendig, zum anderen glaube ich muss ich meine Freundin und meine Mama noch überzeugen, dass sie hier keine Angst haben müssen.
Warum willst du die Begeisterung für das Helikopterfliegen mit anderen teilen?
Für mich ist es ein Gefühl der Freiheit. Die Welt von oben zu betrachten und im Prinzip neu kennenzulernen ist einmalig. Aus diesem Grund biete ich jetzt mit meiner neuen Firma „Thomas Morgenstern Helicopter GmbH“ Rundflüge für jeden an. Man kann sogar einen Schnupperflug machen und selbst mal das Steuer halten.
Du hältst dich selbst nach wie vor fit. Wie hat sich das Training seit dem Ende deiner Profisportkarriere verändert?
Es ist weit weniger spezifisch. Ich mache jetzt einfach wonach mir ist und was gerade zum Wetter passt. Radfahren, auf den Berg gehen, Skifahren, oder einfach in die Kraftkammer. Außerdem versuche ich so oft es geht meine Tochter mit einzubinden. Das ist dann kein echtes Training, aber die Bewegung tut gut und ist ein Ausgleich zum Berufsalltag.
Wie weit fühlst du dich schon vom Skispringen entfernt?
Das ist unterschiedlich. In manchen Momenten denke ich mir, es sind noch immer viele der selben Gesichter im Sprungzirkus unterwegs und es herrscht eine große Vertrautheit. Andererseits kann ich mich an vielen Tagen nicht mehr selbst den Anlauf runterfahren sehen.
Was schätzt du am meisten am Alltag ohne den Leistungssport?
Ich würde sagen, am meisten schätze ich die Zeit mit meiner Familie. Die ist sicher während des Leistungssports zu kurz gekommen. Und direkt nach dem Karriereende fand ich es schön, meine Heimat zu erkunden. Ich war ja so viele Tage im Jahr unterwegs, dass ich nie wirklich Zeit hatte, die Berge oder andere Gegenden zu sehen.
Du hast dich zum Ende deiner Karriere mit vielen Themen beschäftigt und konntest nicht mehr so frei springen… Wie überwindet man sich dennoch?
Nach meinem schweren Sturz hatte ich mit den Olympischen Spielen ein großes Ziel vor Augen, das mir geholfen hat, schnell wieder zurück zu kommen. Selbstverständlich war viel hartes Training sowie ausgezeichnete medizinische Betreuung enorm wichtig. Und ich habe mit einer Psychologin im Bereich der Visualisierung gearbeitet.
Dein Wunsch für die Zukunft?
In naher Zukunft konzentriere ich mich auf den Aufbau der Thomas Morgenstern Helicopter GmbH. Das wird sicher eine neue, spannende Lebensphase, und ich würde mir wünschen, dass wir möglichst vielen Menschen unser schönes Land von oben zeigen können. //
Interview von Matthias Stelzmüller
Titelbild: Matthias Heschl – Red Bull Content Pool