Und wie die Bar loaded war… Aber nicht nur die Bar. Alles war loaded. Die gesamte Staatsmeisterschaft im Kraftdreikampf 2017 war mal, abgesehen von den Athleten, bis ins kleinste Detail on Steroids. So etwas gab es in der Form in Österreich noch nie.
Es ist sehr schwer für mich, diesen Wahnsinn auf nur wenigen Seiten zu beschreiben und jede Leistung, sei sie sportlich oder im Hintergrund in der Organisation, zu würdigen. Ich versuche es. So wie ich es immer gemacht habe. All in. „Vui drauf“. Das geht zwar manchmal in die Hose. Aber „vui drauf“ ist trotzdem einfach nur geil und richtig.
Ich beginne mal mit den sportlichen Leistungen und versuche mich hier wirklich kurz zu halten, denn ich weiß nicht, wo ich anfangen soll. Die meisten von euch werden diese Leistungen sowieso bereits mitbekommen haben. Ob nun eine 62 kg schwere Dame 180 kg hebt und ein 104 kg schwerer Mann 309 kg beugt – oder ein völlig irrer, aber wunderschöner Junior nach 2 Fehlversuchen den Juniorenrekord im Kreuzheben ohne Gürtel und ohne Shirt pulverisiert.
Bitte entschuldigt mich, wenn ich in diesem Kapitel niemanden namentlich nenne. Ich will keine Leistung über eine andere stellen. Von den meisten Sportlern weiß ich, dass sie sich tagtäglich den Hintern aufreißen, um wenigstens ein paar Kilo stärker zu werden. Warum nun einer besser als der andere ist, liegt nicht nur am Training, sondern auch an den individuellen genetischen Voraussetzungen.
Eine Leistung auf Kosten eines anderen übermäßig zu würdigen, wäre unangemessen. Es haben alle versucht, ihr sportliches Ich stärker als jemals zuvor zu präsentieren, und schlussendlich ist es genau das, was Kraftdreikampf ausmacht. Schwere Dinge von Punkt A wieder nach Punkt A zu bewegen.
Es war die erste Staatsmeisterschaft seit 2009, an der ich nicht aktiv teilnahm. Und erst hier erkannte ich, was da eigentlich so alles abgeht. Um euch meine Eindrücke näher zu bringen, möchte ich einfach ein paar Anekdoten über Ereignisse erzählen, die mir ganz besonders in Erinnerung geblieben sind.
Geno Biancheri – der beste Announcer der Welt
Patrick Karger, unser Gym-Youngster und einer meiner „Buam“ hat sich bereit erklärt, unseren Announcer vom Flughafen abzuholen. Er hatte ein ungefähres Bild von ihm im Kopf: sieht aus wie ein Pirat. Eigentlich einfach. Sollte nicht schwer sein, jemanden mit Papagei, Holzfuß und Handhaken in der Ankunftshalle zu erspähen. Doch er kam nicht. Patrick wurde unruhig. In seinem Kopf spielten sich bereits Szenarien ab, wie er nun dem österreichischen Justizsystem weismachen sollte, dass Geno keine Flugzeuge, sondern nur Schiffe entert. In diesem Homent erschien eine doch eigenartige Figur an der Ausgangstür. Patrick dachte sich: „Sieht aus wie ein Pirat, den man seiner Kleidung beraubt und der sich schnell an der Gym-Fundsachen-Box bedient hat.“ Rosa Replica-Crocs, die standesgemäß ohne Socken getragen wurden, eine GASP-Trainingshose, welche aus der ersten Kleidungscharge dieser Firma stammen dürfte, und ein mit Essensresten übersäter Hoodie. Das musste er sein!
Die beiden machten sich also ins Gym auf, und Geno verliebte sich auf Anhieb in diese Location. Wie erkennt man sowas? Naja… indem er einfach jede freie Sekunde dort verbrachte. Für 5 Tage hatten wir unseren eigenen Piraten. Er ist auf jeder größeren Powerlifting Veranstaltung zu finden, hat mehr Weltrekorde angesagt als jeder andere Sprecher im Kraftdreikampf-Business, ist DIE Stimme im Powerlifting – und jetzt war er bei uns. Das muss teuer gewesen sein? Nein: Geno verlangt kein Honorar! Nur Verpflegung, Flug und Unterkunft. That’s it. Gold hat er anscheinend genug von seinen Raubzügen…
Auch das spiegelt die Besonderheit unserer Staatsmeisterschaft wider, zu der so viele etwas beigetragen haben. Ach ja, auch sportlich gab es viel Nennenswertes. Zu viel für diesen Artikel.
Ein Athlet brach sich den Oberarm beim Kniebeugen. Beim Kniebeugen!!! Während eines österreichischen Rekordversuchs. Er ist die härteste Sau dieser Staatsmeisterschaft. Rekord hin oder her: Du hast es geschafft, Amigo! Du bist vui draufgegangen.
Eine Athletin geht beim Kreuzheben nur im Singlet auf die Bühne (Laut Regelwerk dürfen das nur Männer. Frauen müssen immer ein T-Shirt darunter tragen). Erst nach dem Versuch wird ihr mitgeteilt, dass dieser wegen der nicht eingehaltenen Kleidungsvorschrift ungültig sei. Sie tötete den Hauptkampfrichter beim Zweitversuch mit ihrem Blick. Ich sage: Völlig zu Recht und rufe hiermit zum Boykott dieser Vorschrift auf. Kreuzheben nur mehr ohne T-Shirt für Frauen und Männer! Wozu trainieren wir Astln, Oida?
Alles in allem war die Staatsmeisterschaft einfach nur geil. Danke an alle, die dabei waren. Und mir bleibt nur noch eines zu sagen: „Geht’s immer vui drauf!“ Das ist das Einzige, das zählt.
Den ganzen Beitrag von Andreas Pürzel findet ihr auf www.intelligentstrength.at